Die sportlichen Erfolge ließen immer wieder aufhorchen

Von Thomas Dorn

Die breite Masse haben sie für ihren Sport nie begeistern können. Und doch haben die Fechter der TSG Backnang mit ihren Erfolgen Anteil an der Backnanger Sportgeschichte. An diesem Wochenende feiert die Abteilung ihr 50-jähriges Bestehen.

 

Nach heftiger Diskussion und gründlichem Abwägen sagte der Turnrat ja: Dem Aufnahmeantrag der sieben jungen Männer wurde stattgegeben. Die TSG Backnang 1846 hatte eine neue Abteilung: die Fechtabteilung.

Das war im Juli 1955. Doch Fechten in Backnang gibt es eigentlich schon 51 Jahre. Denn im Februar 1954 trafen sich Hans Piesch, Hans Müller, Karl-Meinrad Schneckenburger und Dieter Wohlfarth im Gasthof „Waldhorn“, um eine Fechtergruppe innerhalb der Firma J.F. Adolff zu gründen. Einmal wöchentlich kamen sie fortan nach Feierabend zusammen. Hans Piesch wurde ihr erster Leiter.

Als sich weitere Interessenten anschlossen, stellte sich die Frage: Anschluss an die Betriebssportgruppe der Firma Adolff? Oder lieber zur TSG? Gegen die Betriebssportler sprach, dass es in ganz Baden-Württemberg keine zweite BSG gab, unter deren Dach sich Fechter tummelten. Gegen wen sollte man also antreten?

Mit der Aufnahme in die TSG war ein Problem noch nicht gelöst: Wo sollten die neuen Vereinsmitglieder trainieren? In ganz Backnang war keine Halle frei. So wurde ab November 1955 das Turnerheim Hagenbach zur Verfügung gestellt – sonntags zwischen 9 und 11 Uhr. Weil es im Winter dort bitter kalt war, musste zum Training der Kohleofen angeworfen werden. Also besorgten die Fechter Woche für Woche Koks und zogen das Heizmaterial per Handwagen vom Gaswerk hinauf ins Turnerheim…

Dass das Fechten nicht „mit links“ zu erlernen ist, machte Hans Piesch den potenziellen Interessenten schon im Gründungsjahr klar: „Die Ausbildung des Fechters dauert ungefähr eineinhalb Jahre“, warnte er im Gründungsjahr in der Vereinszeitung. Man brauchte also Geduld – und etwa hundert Mark für die Ausrüstung, sprich: Florett, Handschuh, Maske, Schutzjacke und Turnschuhe. Damals ein hübsches Sümmchen.

Das Provisorium Turnerheim war bald überwunden. 1956 durften die Fechter abends in die Steinbacher Dorfhalle. In dieser Zeit wurde ihnen auch attestiert, eine Abteilung führen zu können: Der Württembergische Fechterbund schickte Fechtwart Heiner Rubi, um den ersten acht TSG-lern die so genannte Freiprüfung abzunehmen. Mit ihr stellten sie unter Beweis, dass sie die Regeln verstanden hatten. Und sie öffnete ihnen die Tür für Wettkämpfe.

Der MTV Ludwigsburg war dann am 1. Juli 1956 der erste Verein, der sich herabließ, gegen die „Grünschnäbel“ aus Backnang anzutreten. Die zogen sich achtbar aus der Affäre: Die erste Mannschaft unterlag mit 6:10, die zweite schaffte ein 8:8-Unentschieden. Den ersten Sieg gab's dann im folgenden Jahr gegen den TV Bietigheim: Beide Backnanger Mannschaften gewannen mit 9:7.

Ein großer Schritt nach vorne war 1957 die Verlegung des Trainingsabends in die Backnanger Tausturnhalle. Im übrigen scheint der Fechtsport besonders Frauen beeindruckt zu haben: Die Abteilung bestand zu dieser Zeit aus sieben männlichen und 13 weiblichen Mitgliedern. Sie besuchten auch Turniere, mussten allerdings meistens kräftig Lehrgeld zahlen.

1959/60 hatte die Fechtabteilung ihre erste größere Krise zu bewältigen. Damals war sie auf fünf Männer und drei Frauen zusammengeschrumpft.

Mit ein Grund, weshalb ihr viele den Rücken kehrten, war die Tatsache, dass inzwischen der technische Fortschritt Einzug gehalten hatte: Bei den wichtigen Turnieren auf Kreis- und Bezirksebene wurde mit Elektro-Florett gefochten. Weil die Backnanger über diese Ausrüstung nicht verfügten, konnten sie nicht mitmachen. Da fehlte natürlich der sportliche Anreiz.

Umso wichtiger war 1961 die Anschaffung des ersten Elektro-Melders. Jetzt konnte das „richtige“ Fechten losgehen. Genauso wichtig war es aber, dass sich mit dem Waiblinger Fechtlehrer Willy Egler für einige Jahre ein ausgewiesener Fachmann um die TSG-Sportler kümmerte. Der vielfache Württembergische Meister führte sie ins „höhere Fechten“ ein. Nicht zuletzt der langjährige TSG-Trainer Dieter Wohlfarth, seit 1960 Abteilungsleiter und in den folgenden Jahrzehnten der wichtigste Mann des Backnanger Fechtsports, profitierte viel von ihm.

Es ging aufwärts. Die Fechtabteilung wuchs, zumal Anfang der 60er Jahre eine Jugendabteilung gegründet wurde. Und auch sportlich spielten die Backnanger mehr und mehr eine gute Rolle. Bei Aufstiegsturnieren im Bezirk mischten sie immer mal wieder vorne mit, bei Freundschaftskämpfen gelang es ihnen, renommierte Mannschaften – ob aus Winterthur, Frankfurt, Offenbach oder München - nach Backnang zu lotsen. Vorläufiger Höhepunkt: ein Vergleichskampf mit der Nationalmannschaft Portugals. Den portugiesischen Nationalfechter Francesco da Silva hatte es beruflich nach Backnang verschlagen, wo er sich der TSG als Gastfechter anschloss. Im April 1970 trat er mit seinen Kollegen der Landesauswahl in der Tausturnhalle an. Die Portugiesen entschieden die willkommene Trainingseinheit standesgemäß mit 15:5 für sich.

Um den mitunter komplizierten Fechtsport bekannter zu machen, begann die TSG, eigene Turniere auf die Beine zu stellen. 1969 wurde der deutsche Meister Rudi Kost vom MTV Stuttgart Sieger des ersten Backnanger Degenturniers. Es hat bis heute – längst auch mit Wettbewerben für Degenfechterinnen und Jugendliche – seinen festen Platz im Turnierkalender. Gleiches gilt für das Stafettenturnier, das Anfang der 70er Jahre von Sportwart Burkhard Bedei ins Leben gerufen wurde.

Auch außerhalb der Fechthalle rückten die Backnanger Fechter immer wieder ins Blickfeld. Der 1972 erstmals veranstaltete Fechterball war für etliche Jahre ein gesellschaftliches Ereignis. An den Backnanger Straßenfesten war die Abteilung regelmäßig beteiligt – mit ihrem Verkaufsstand, aber auch mit (historischen) Schaugefechten auf der Marktplatzbühne. Und in jüngerer Vergangenheit machte man auch Angebote beim Kinderferienprogramm.

Ihre großen sportlichen Erfolge hatten die TSG-Fechter ab Mitte der 70er Jahre. Zunächst schaffte es Trainer Dieter Wohlfarth, aus den Nachwuchsfechtern Thomas Dorn, Ralf-Peter Ramonat, Günter Schmied und Volker Schmied eine schlagkräftige Junioren-Mannschaft zu formen, die bei den Württembergischen Meisterschaften im Florettwettbewerb durch zweite und dritte Plätze aufhorchen ließ. Dass dieses Team auch als Aktive an die Erfolgsserie anknüpfen konnte, machte die Freude perfekt: 1979 und 1985 wurde die Florettmannschaft hinter der Hochburg Heidenheim jeweils württembergischer Vizemeister – der größte Erfolg in der Vereinsgeschichte.

In den 80er Jahren waren es aber vor allem Jugendliche, die für schöne Erfolge sorgten. Der 3. Platz von Uwe Handmann bei den Deutschen B-Jugend-Meisterschaften (Florett, 1983) gehört dazu, sein 1. Platz mit dem Degen und sein 3. Platz mit dem Florett bei den Württembergischen A-Jugend-Titelkämpfen (1985), die Württembergische Meisterschaft und der 7. Platz von Yvonne Bedei bei den Deutschen B-Jugendmeisterschaften (1986) oder auch die Berufung des B-Jugendlichen Bertrand Hess in die württembergische Auswahl (1987).

Lange war das Degenfechten eine Domäne der Männer. Spätestens Anfang der 90er Jahre setzte sich der „Frauen-Degen“ auch in Backnang durch. Ein Beleg dafür ist Simone Zerrweck, die sich 1995, wie auch Andreas Pfitzenmaier, für die Deutschen A-Jugendmeisterschaften qualifizierte. Diese jungen Fechter bildeten dann auch mit Thorsten Wöhrle die neue Trainerriege. Dieter Wohlfarth, drei Jahrzehnte Trainer der Backnanger Fechter, machte ihnen 1997 Platz.

Qualifikationen für Deutsche Meisterschaften gab es auch in den vergangenen zehn Jahren immer wieder. Namen wie Thorsten Wöhrle, Andreas Newmann oder Marc Dieke stehen dafür. Den jüngsten Erfolg aber errang ein Oldie: In der Klasse der 30- bis 39-Jährigen wurde Andreas Greif Württembergischer Meister 2004.

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